2013/05/15

Geschichte über die STILLE #1

Es ist kalt und der Regen blau. Man hört sie nicht, die fallenden Tropfen. Sie versinken ohne einen Laut in der Erde, die bedingungslos alles aufsaugt, was sie berührt. Wie ein sichtbares und doch geräuschloses, schwarzes Loch. 
Wir fliegen über ihr. Rast ist weder nötig noch möglich. Ein ewiges Schweben bestimmt unsere Lebensart. Ich weiß nicht, wieso wir fliegen können oder weshalb die Erde trotz visuell wahrnehmbarer Masse so durchlässig ist.
Woher ich weiß, dass ich darin versinken würde, wenn ich auf ihr träte? Mein Onkel versank vor einiger Zeit darin. Schon immer wollte er alles über die Welt, in die wir wie selbstverständlich hineingeboren wurden, in Erfahrung bringen. Auch ich hegte ab und an solche Gedanken, da er bis dato einen gesunden, sowie ansteckenden Enthusiasmus zu pflegen hegte. 
Meine Eltern hingegen fliegen stets die konservativen Bahnen, doch Onkel war erkundungsmutig. Zumindest dachte ich so. Die Mitbewohner, die ihn kannten - und aufgrund seiner eigenartigen Denkweise waren dies womöglich alle - nannten ihn auch gern mal den 'Verrückten' und 'Weltfremden'. Er könne mit seinem Schauspiel nie etwas verändern und solle sein Schicksal anerkennen. 

Die Sternzeichen wiesen darauf hin, dass die Erde verflucht sei und eine Generation unserer Vorfahren hatte von wiederum deren Vorfahren überliefert bekommen, dass dem so sei. Damals nannten sie sich noch 'Menschen' und konnten die Erde berühren, ja gar auf ihr leben. Die Geschichte besagt, dass jedoch ein Stern die Welt berührte und sie ihrer Lebenskraft beraubte. Von da an schien das Leben auf einst erdig-festem Boden mehr und mehr wortwörtlich zu 'versinken'. Einige dieser 'Menschen' eroberten dann den Luftlebensraum für sich. Damals schien Leben in Luftbauten schon möglich zu sein, doch benötigten sie damals noch sogenannten Treibstoff. Fliegen konnten sie damals wohl noch nicht. Erst durch die sogenannte 'Große Evolution' hätte sich der Mensch zu uns weiterentwickelt, damit unsere heutigen Körper dem Leben in der Luft angepasst werden konnten. 

Ich vertraue dem Aberglauben nicht und da es keine Beweise gibt, denke ich, dass wir die ersten richtigen Wesen sind, auch, wenn Onkel ziemlich besessen von der Idee war, dass es noch Menschen gäbe und sie dort lebten, wo der Regen seine Kreise ziehe.
Wie jeder, träume ich gern, aber Träume können bekanntlich nicht fliegen, also bleibe ich mit meinem Verstand vorsichtshalber in der Luft der Tatsachen.

Doch ich lausche gespannt der Stille, denn heute regnet es wieder...

Sarah Schmidt

1 Kommentar:

  1. Hallo Sarah, danke für deinen lieben Eintrag! Ich kaufe auch nicht bei A&F, und finde es ebenso schlimm wie du.

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